Perkele und "Theater": Ein neuer Akt?
24.10.2025 | Mark Schneider
Perkele und ihr damaliges Album "Confront" fanden im Jahr 2005 zum ersten Mal den Weg in meine Hände. "Moments" zählt heute noch zu DEN Songs, die das Gefühl von Sommerferien wahlweise im örtlichen Freibad oder unter dem Sternenhimmel am Lagerfeuer im Garten der Eltern von wem auch immer für mich verkörpern. Auch heute noch löst bereits das erste Riff etwas in mir aus, wenn dann "There is no feeling like the one to drink a beer in the sun, to hear the music that you love and to feel free!" erklingt, ist das nostalgische Gefühl perfekt. Ich trug damals die Hoodies und Shirts dieser Band wie das normalste auf der Welt, immer und überall. Das Album "Forever" aus dem Jahr 2010 steht noch als CD im Regal, ab "A Way Out" aus 2013 heiße ich die neuen Alben von Perkele als Vinyl willkommen. Die Band und ihre Musik sprechen im Inhalt für sich, haben immer etwas rebellisches gehabt und gleichzeitig oft den Soundtrack meiner Sommer bestimmt.
Als die Ankündigung zur neuen Single "Theater" dann im Juni gemeinsam mit der zum gleichnamigen, neuen Album kam, hatte ich jegliche Horrorvorstellungen auf einmal. Dabei steht die Musik der Band eigentlich schon immer im konstanten Wandel. Vergleicht man die gut und gerne dem Rock oder Metal zuzuordnenden, aggressiven Aspekte auf "Leaders Of Tomorrow" (2019) mit dem dagegen beinahe lammfrommen "Forever" (wir bleiben bei den Titeltracks der jeweiligen Alben) aus dem Jahr 2009, schien der Weg hin zu "Theater" doch eigentlich vorgezeichnet. Jede Zeit der Band hat ihren eigenen Charme. Mit den auch personellen Änderungen sowie von Album zu Album gingen auch immer Veränderungen im Sound einher, die Rons Stimme im Großen und Ganzen zusammenhält und Perkele die eigene Identität verleiht. Folgt mit "Theater" nun der ganz große Bruch?
Die Antwort darauf liegt ein Stück weit in der Wahl des zu vergleichenden "Vorher". Wer Perkele zur Zeit von "Confront" oder "Forever" aus den Augen verloren hat, kassiert mit "Theater" den sprichwörtlichen Schlag vor den Kopf. Wer, wie ich, zum Beispiel die Vorgängerplatte "Leaders Of Tomorrow" nicht nur kennt, sondern die progressive Art und Weise des Albums auch schätzt, wird gar nicht so krass überrascht. "Burn" eröffnet das Album zwar bereits mit einem Gitarrenriff, welches nicht sofort an Perkele erinnert, wenn Ron dann aber im Refrain "The passion will always burn inside of me!" in gewohnt melodischer Manier ins Mikrofon singt, sind alle Zweifel ausgeräumt. Nach diesem Refrain streut die Band erneut ein ausgiebiges Gitarrensolo ein. Ein Aspekt, der als Fokus klar dem von Perkele angekündigten, neuen Weg zugeordnet werden darf. Wo andere Bands weiter (oft zu Recht und mit Erfolg) auf drei Akkorde und eine gewisse Einfachheit setzen, tüfteln Perkele tiefergehende Songs aus.
Inhaltlich reiht sich "Theater" größtenteils in die bekannten Themen und Werte der Band ein. "Never Let Them Win" oder "Give It Back" sind Titel gegen diejenigen, die Freiheit und Gerechtigkeit als Grundwerte in Frage stellen. "I Can Feel It" erzählt vom Rock 'n' Roll, den Ron immer noch im Herzen trägt. Dass dieser Song beginnt, als stamme er von Status Quo, fällt sofort auf und bei der Einschätzung des "neuen" Sounds ins Gewicht. Auch das Elektro-Intro vom letzten Stück der Platte, "When I Woke Up", bestreitet neue Wege, ohne völlig fehl am Platz zu wirken. Perkele fahren auf "Theater" ein Stück weit zweigleisig und vereinen das, wofür sie schon immer bekannt und geschätzt waren, mit neuen, vorher nicht verwendeten Elementen. Die einen schimpfen darauf, ich schlage mich auf die Seite der legitimen Veränderung. Diese nehme ich in solchem Maße im Sound auch deutlich lieber hin, als wenn Perkele auf einmal damit anfangen würden Haltung und Werte über Bord zu werfen.
Wertung
Ich freue mich doch immer wieder, wenn Perkele mit neuer Musik die Erinnerungen an die unbeschwerten und ewig langen Sommerferien auffrischen. Dass die Band dabei immer wieder etwas verändert und ihre Musik vielleicht in vielen Punkten nicht mehr so klingt wie "Confront" damals zwischen Freibadbecken und Fußballtennis, ist für mich ohne Groll zu verkraften. Stillstand heißt Rückschritt, oder?
Mark Schneider
In Marks ländlicher Heimat fährt der letzte Bus kurz nach der Tagesschau (die um 20:00 Uhr). Die Nähe nach Köln, Frankfurt oder Wiesbaden hält ihn jedoch nicht davon ab, ständig auf Achse zu sein. Ob kleine Acts im Club oder Musikgiganten vor Tausenden: Besucht wird, was laut ist und Spaß macht! Dabei sind im Genre (fast) keine Grenzen gesetzt.