Seven Blood und „Life Is Just A Phase“: Bombast gegen Novembergrau
19.11.2025 | Marco Kampe
Der musikalische Werdegang der Bandmitglieder bleibt in der vorangegangen Pressemitteilung zwar vage, doch man merkt schnell, dass hier keine Neulinge am Werk sind. Noch bevor „Life Is Just A Phase“ zum ersten Mal rotiert, sprechen diverse Support- und Festival-Slots und der Grad der Professionalisierung im Außenbild (Videos, Bildgestaltung und Kooperationen mit Fachmagazinen) eine unmissverständliche Sprache. Wenn die musikalische Darbietung hieran qualitativ anknüpfen kann, dürfen wir wohl Großes erwarten.
Seven Blood dürfen trotz ihres jungen Bandalters bereits auf reichlich Live-Erfahrung im In- und Ausland zurückgreifen und auch der Kalender erscheint für den Winter 2025/2026 gut gefüllt. Da kommt eine begleitende Plattenveröffentlichung doch gerade recht. Aber taugt dieses Erstlingswerk nicht nur für heimische Gefilde, sondern auch für den europäischen Markt? Diesen nehmen Seven Blood offenbar in das Visier, denn u.a. steht das urbane Herz der britischen Insel im künstlerischen Visier der Newcomer.
Um diese Frage zu beantworten, lassen wir Klänge sprechen. „House ≠ Home“ drückt vielversprechend aus den Membranen, lässt dabei gleichwohl ein Wechselspiel mit toller Melodieführung und mutmaßlich autobiographischem Text zu. So darf es gerne weitergehen und so geht es auch mit „Cold Eyes“ weiter. Wohl dosierte Screams flankieren den Gesang im Hintergrund, vordergründig prescht der Song nach vorne und begnügt sich mit einer knapp dreiminüten Spielzeit. Letzteres trifft auf die meisten Stücke der Platte zu. Seven Blood gehen in die Tiefe und suchen schnell den Abschluss, wie man im Fußball-Jargon sagen würde. „No Breakout“ kommt indes metallischer als seine Vorgänger daher und erinnert an Spielarten des melodischen Metalcore, wobei zwischenzeitig auch Beyond The Black siegessicher durch das Küchenfenster grüßen.
Mit Blick auf das Album-Cover ist „Hourglass“ der heimliche Titeltrack. Er ist schwermütig, intensiv und kraftvoll. Er würde diese Rolle mit Bravour füllen. Auch „Monsters“ weiß zu überzeugen und es ist ferner positiv anzumerken, dass die Vocals hervorragend abgemischt sind und nicht wie andernorts im allgemeinen Streben nach Lautstärke untergehen. Zudem macht diese Abmischung im Gesamtkontext durchaus Sinn, denn die Band hat aufgrund der Heterogenität der einzelnen Lebenswege Einiges zu sagen. Es wäre schade, wenn man dies nicht auch hören würde. Insofern: Well done!
„To The Unknown“ präsentiert sich mal brachial, mal eher bedacht. Ebendieses dynamische Wechselspiel ist prägnant für den Sound der Band und wird auch im Falle von „Not Your Misery“ bzw. „As We Bleed“ aufgegriffen. Und man muss, trotz anfänglicher Vermutung, auch gar nicht auf Oliver Sykes hinter dem Mikrofon warten. Azaria Nasiri macht ihre Sache grandios und wird von dezenten Effekten stets gekonnt in Szene gesetzt. „Killing From The Inside“ war eines der vorab ausgekoppelten Stücke und machte es dem Autoren dieses Textes im Vorhinein einfach, sich für eine Besprechung dieser Platte zu entscheiden. Nachdem „Strangers“ das durchweg hohe Niveau manifestiert, beschließt „Fall From The Sky“ als letztes, melancholisches Ausufern ein rundum überzeugendes Werk.
Auf die eingangs gestellte Frage zurückkommend lässt sich in Summe sagen, dass Seven Blood tatsächlich das Potential für den europäischen Markt zu haben scheinen. Die Musik wirkt professionell und doch erfrischend. Bitte dranbleiben, das ist/ihr seid richtig gut!
Wertung
Ich hatte seit längerer Zeit mal wieder die Freude, mich einem Debüt-Album zu widmen. Und Freude wird hier großgeschrieben - Da ist der November doch gleich ein bisschen weniger grau und ich checke doch gleich mal die verschiedenen Vinyl-Varianten aus.
Marco Kampe
Der vormalige Fokus auf verzerrte E-Gitarren ist bei Marco einem übergeordneten Interesse an der Musikwelt gewichen. Die Wurzeln bleiben bestehen, die Sprossen wachsen in (fast) sämtliche Richtungen. Darüber hinaus bedient er gerne die Herdplatten oder schnürt sich die Laufschuhe.