Daron Malakian And Scars On Broadway und "Addicted To The Violence": Unvergleichlich vergleichbar
11.08.2025 | Mark Schneider

Fangen wir doch mal ganz vorne an: Ich habe System Of A Down geliebt! Irgendwann muss die nicht zu umgehende Verbindung zwischen dieser Band und ihrem Gitarristen doch sowieso auf den Tisch, also haken wir das Thema direkt zu Beginn ab. Heute würde ich das Wort "Liebe" im Bezug darauf nicht mehr unbedingt in den Mund nehmen, doch unzählige SOAD-Tracks bleiben mit mehr oder weniger spektakulären Abenden und Momenten auf ewig in Verbindung. Dann erschien im Jahr 2008 "Scars On Broadway", das Debütalbum der gleichnamigen im Jahr 2003 gegründeten Band, in der Daron Malakian und John Dolmayan während der künstlerischen Pause von System Of A Down weiter aktiv waren. Dieses Album fiel mir erst einige Jahre später in die Hände und hat mit den beiden All-Time-Favorites "Funny" und "Chemicals" so manchen Kilometer in meinem ersten Auto hinter sich gebracht. Die auf "Hypnotize" und "Mezmerize" so klar erkennbaren, immer etwas verrückt anmutenden Einflüsse von Malakian, in ganzen 17 Songs! Großartig!
Im Jahr 2018 folgte dann "Dictator", das erste Album unter dem neuen Namen Daron Malakian And Scars On Broadway (Malakian rückte sich selbst aufgrund der wechselnden Mitmusiker in den Vordergrund), welches erst einmal komplett an mir vorbeigegangen ist. Auch in Jakobs Rezension spielt der Spagat zwischen eigenem Projekt und etwaigem System Of A Down-Ersatz eine entscheidende Rolle, das wird Malakian zwangsläufig und allein aufgrund seiner Art sowie Stimme niemals los. Sieben Jahre ist auch dieses Album jetzt alt und wird nun also von "Addicted To The Violence" als aktuellstes Werk abgelöst. System Of A Down spielen im August und September 2025 einige Shows in den Staaten und werden wieder in allen Rezensionen zum neuen Werk von Malakian eine Rolle spielen. Da wollen wir doch keine Ausnahme sein - Pflicht erfüllt.
"Killing Spree" und "Destroy The Power" wurden von Daron Malakian And Scars On Broadway vorab ausgekoppelt. Ersterer dient zeitgleich als Opener und klingt, oh Wunder, ab der ersten Sekunde nach Malakian und immer noch so, als würde er auf den Werken seiner anderen und ab hier nicht mehr benannten Band nicht groß aus der Reihe tanzen. Im Mittelteil regiert das Chaos, die Stimme ist zu prägnant um nicht automatisch diese Verbindung herzustellen und ich lasse sogar den Gedanken zu, dass dieser Song mit seinem in die Höhe gezogenen Wort "see" bei jedem "can't you see?" auch mit Serj Tankians Gesang ziemlich gut funktioniert hätte. Als dann "Satan Hussein" als zweiter Titel erklingt, muss ich als ehemaliger SOAD-Ultra (abgekürzt, zählt nicht!) ungewohnt früh bestätigen, dass Malakian hier ein in mehrfacher Hinsicht brauchbares Album abliefert und mit diesem neben den eh schon an Scars On Broadway Interessierten auch diejenigen noch einmal abholen kann, die ihn und seine Musik nicht wegen Scars On Broadway kennen.
Das spannende daran: Auf "Dictator" konnte ich den in der verlinkten Rezension dahingenden Gedanken bereits folgen, auf dem Debütalbum "Scars On Broadway" hatte ich sie überhaupt nicht. Sei die musikalische Annäherung im Jahr 2025 nun gewollt oder nicht - sie zieht sich durch dieses Album durch wie der berühmte rote Faden und hat mir spätestens beim zweiten Anhören eine Platte beschert, die mich zum einen dazu gebracht hat "Mezmerize" und "Hypnotize" noch einmal rauszukramen und zum anderen neue "Lieblingssongs" in die gleichnamige Playlist befördert hat. Da ist zum einen "The Shame Game", der eigentlich wunderbar unspektakulär als vierter Song des Albums fünf Minuten zum Durchatmen gewährt und zum anderen "Imposter" als Symbol für die Vielseitigkeit im Songwriting Malakians, die bei mir persönlich sofort hängen geblieben sind.
Die große Herausforderung wird für Daron Malakian für immer darin bestehen, Scars On Broadway an den ewigen Vergleichen zu SOAD vorbeizuführen und er wird damit, dafür ist er als Musiker und Sänger viel zu markant, für immer scheitern. Ergebnis ist trotzdem ein Album, welches auch ohne Vorgeschichte die nötigen Pluspunkte bei mir gesammelt hätte, um als klare Empfehlung daherzukommen.
Wertung
Ohne es vorher geplant zu haben, hat mich dieses Album am Ende doch ziemlich abgeholt. Und auch wenn es die Vergleiche selbstverständlich wieder einmal hagelt, wird "Addicted To The Violence" auch Menschen erreichen, die die musikalische Vorgeschichte von Malakian nicht kennen. Und genau diesen Leuten wünsche ich dieses Gefühl zwischen Faszination und "Was zum Geier?!" beim ersten Anhören, welches ich damals an anderer Stelle hatte.

Mark Schneider
Mark kommt aus der wunderschönen, ländlichen Provinz zwischen Siegen und Marburg an der Lahn. Ob kleine Acts im Club oder Musikgiganten vor Tausenden: Besucht wird, was laut ist und Spaß macht! Dabei sind im Genre (fast) keine Grenzen gesetzt.