Dave und die Schatten aus dem Schrank: IDLES, Der Weg einer Freiheit, Black Sabbath
14.08.2025 | Dave Mante

Es ist wieder so weit. Drei Alben meines Pile of Shame, der langsam wirklich sehr wackelt, weil ich drin rumkrame, liegen auf einem imaginären Tisch und wollen endlich von mir gehört werden. Erneut könnten die drei Alben kaum verschiedener sein und mal wieder erwartet mich eine schiere Welle an Emotionen, welche vor allem sagt „Warum hab ich das eigentlich nie gehört?“. Fangen wir also mal an, es will wieder geschwafelt werden.
IDLES - „Joy as an Act of Resistance“
Die Idles, eine Band, die ich kenne und in deren Alben ich seit „Ultra Mono“ immer sehr freudig reinhöre und feststelle, dass ich diese Band und ihre Musik nie wirklich einnordnen kann. Von wütend, über traurig oder einfach ironisch, zynisch und spitz schaffen Idles eine Post-Punk Klangwelt mit British Accent, also äußerst pissed klingend. Ihr zweites Album „Joy as an Act of Resistance“ ist für mich der Peak in dieser rauen Welt des britischen Post-Punks. Während ich bei meinem Wien-Trip schon einmal reingehört habe und es so gar nicht zu dem abklingenden Novembertag passte, habe ich nun intensiv reingehört und wow, that was a hell of a ride. Mich erwartete eine Fahrt mit einer Pints-getränkten Achterbahn aus eingägigen Rhytmen, hoch kritischen Texten und das schon fast musikalisch gepöbelt von Frontmensch Joe Talbot. Und dann auf einmal eine Ballade wie June, welche einfach totraurig ist. Bitte was? Hier ist wirklich alles los. Und ich glaube, dieses Album muss ich noch ein paar mal mehr hören, um da wirklich alles mitzubekommen.
Lieblingssong: „Never Fight A Man With A Perm“
Vibe: Im Pub um die Ecke ist vorhin eine kleine Streiterei ausgebrochen und jetzt rennt ein Typ durch die Gegend und sucht eine neue Möglichkeit dem Alltag zu entfliehen, aber überall ist alles voll und er pöbelt einfach nur noch rum.
Der Weg einer Freiheit – „Finisterre“
Langsam begreife ich Black Metal, und diesen Switch von Idles zu einem Werk vom New Age of Black Metal zu schaffen, ist, glaub ich, so, als würde man von einem Pool mit warmem Wasser in einen voller Mausefallen springen, schmerzhaft, aber man hat es sich ja selbst ausgesucht. Meine Anfangsaussage muss ich allerdings differenzieren. Ich meine hier vor allem den Black Metal, welcher neuerdings in Form von Deafheaven, Amenra, WELK oder in Teilen von Zeal and Ardor kommt. Nicht diese homophoben Schwachmaten in Mayhem oder Faschomüll wie Burzum und auch nicht die Leute, die es wirklich cool finden, Kirchen anzuzünden, nene, das ist edgy und war eventuell vor zwanzig Jahren auf Wacken mal lustig, jetzt reicht es nicht mal mehr für einen Gag im EMP-Backstage-Club.
„Finisterre“ ist dabei das Album, welches ich für diesen Artikel ausgewählt habe, und habe ich bei Idles schon gesagt, dass ich nicht alles mitgeschnitten habe, so gilt das erneut für die teilweise pompösen 11-Minuten-Songs von „Der Weg einer Freiheit“ ebenso. Man geht da viel ab. 2017 ist das wohl der Durchbruch für die Band, danach waren sie zumindest öfters mal irgendwo zu sehen, und Menschen, die dem Genre wegen der Vergangenheit abgeneigt sind, könnten und sollten eventuell mal wieder reinhören, und ich glaube, dieses Album ist da ein guter Start. Es gibt finstere und pompöse Riffs, Blastbeats, heisere, hallende Schreie und lange, sphärische Instrumentalwerke. „Skepsis“ steht dabei als die monumentale Duologie im Scheitelpunkt des Albums und bereitet im ersten Teil instrumental vor, um dann im zweiten Teil lyrisch keine Atempause mehr zu lassen. Da kreisen die langen Haarprachten auch mal für knapp über 10 Minuten und die Pommesgabeln werden erhoben … oder so. Auch der Titeltrack reißt da nicht ab. In mehreren Akten baut man hier Stück für Stück ein wahres Bollwerk der Musik auf und lässt am Ende sprachlos zurück. „Man, ist das gut“, sage ich mir irgendwann gegen Ende.
Lieblingssong: „Finisterre“
Vibe: Ein dunkler Wald, eine helle Lichtung, in der Mitte steht eine kleine Kapelle mit umgedrehten Kreuzen und drinnen sitzt eine Gruppe von Menschen und musiziert das Ende der Welt herbei.
Black Sabbath – „Paranoid“
Ja, ich weiß, „Was, das hast du nicht gehört?“ „DU HAST MUSIK DOCH GAR NICHT VERSTANDEN!“, „DU HÖRST DAS DOCH NUR, WEIL OZZY GESTORBEN IST, DU FAKEFAN!!!!!!!11elf!!“. Ja, das stimmt, und jetzt geh doch bitte zurück in deine Facebook-Kommentarspalte, Achim, und vergiss nicht, den Leuten unter dem Morecore-Post zu sagen, wie unfassbar „trve“ du bist. Ozzy Osbourne ist gestorben, das letzte Konzert gerade gespielt, irres Line-up, und ja, ich weiß, Ozzy war kein super cooler Mensch, dumme bis unfassbar schlimme Aussagen und Ansichten und so weiter, und trotzdem wollte ich mal ein genreprägendes Album der Musikgeschichte hören. Black Sabbaths „Paranoid“ wird dieses Jahr 55 Jahre alt und Songs wie „Paranoid“ kennt sogar meine Mutter, die mit der Band und dem Genre nun wirklich so viel am Hut hat, wie ich mit Cloudrap. Aber Songs wie „War Pigs“, „Paranoid“ oder „Iron Man“, die gehen immer noch so gut, dass ich sehr überrascht war, dass das Durchhören dieses Albums kein Drag war, sondern eher erfrischend, wenn auch sehr anders. Klar, die Songs tendieren dazu, sich zu ziehen, und teilweise ist mir das wirklich alles ein bisschen zu viel Gitarrengefrickel, aber 1970, als eines der ersten großen Dinge in diesem Spektrum der Musik, sehe ich das sehr und hab es durchaus gern gehört. Ich glaube auch, das kann man heute noch so herausbringen, also neu gemastert. Die ursprüngliche Version klingt nicht schrecklich, aber Nostalgie bringt halt nichts, wenn das Album erst 55 Jahre später auf dem Plattenteller rotiert.
Lieblingssong: Schwierig, ich mag das Album als Ganzes ganz gern, daher keinen direkten an dieser Stelle.
Vibe: Farewell an einen der wichtigsten und einflussreichsten Musiker der Musik, vor allem der jüngeren Geschichte. Vieles angestoßen und recht zeitlos. Wie eine gute Freundschaft, die nach 20 Jahren mal wieder aufflammt.

Dave Mante
Aufgewachsen zwischen Rosenstolz und den Beatles hört sich Dave mittlerweile durch die halbe Musikwelt, egal ob brettharter Hardcore, rotziger Deutschpunk, emotionaler Indie oder ungewöhnlicher Hip Hop, irgendwas findet sich immer in seinen Playlisten. Nebenbei studiert er Kunstgeschichte, schlägt sich die Nächte als Barkeeper um die Ohren oder verflucht Lightroom, wenn er das gerade fotografierte Konzert aufarbeitet.