Interview mit IMPVLSE: 5 Jahre später
16.09.2025 | Nataly Sesic

“Newcomer in der Musikwelt” – so wurden im Juni 2020 die fünf Jungs von IMPVLSE aus Nürnberg bei uns vorgestellt. Sie hatten gerade beim Bandwettbewerb “Rockbühne” einen Slot bei Rock im Park 2020 ergattert, hatten eben ihre ersten internationalen Auftritte hinter sich…Nun, was dann 2020 passiert, wissen wir alle.
Seitdem sind fünf Jahre vergangen. Es ist viel passiert; in der Musik, auf der Welt und auch bei IMPVLSE. Zu einem Interview treffen sich Sänger Chris und ich zum virtuellen Kaffeeklatsch, denn ich will wissen, was bei der Band in den letzten Jahren so los war – und wo die Reise noch hingehen soll.
2020 platzt der Traum von Rock im Park wegen dem Lockdown, denn Großveranstaltungen sind bis aufs Weitere verboten. Ein ziemlich herber Schlag für IMPVLSE, für die der Auftritt bei Rock im Park einen Traum erfüllt hätte. Doch keine Bange: Zwei Jahre später ist es dann endlich so weit und Chris, Tom, Jason, David und Marcel dürfen endlich die heilige Bühne auf dem Zeppelinfeld betreten. Und dann teilt man sich halt ganz casual die Orbit Stage mit Spiritbox und Caliban vor rund 75.000 Besucher:innen. Ganz schön krass für “Newcomer”.
Im September 2025 feiert die Band gerade einen weiteren Meilenstein: ein Auftritt beim Summer Breeze Open Air, zusammen mit In Flames, Dimmu Borgir und Lamb of God.
Seit 2020 hat sich auch musikalisch einiges getan: Nach “Vice Versa” (2019) folgt 2022 das Album “Point Blank”, die EP “COMA” (2024), sowie zahlreiche Singles, unter anderem “Blackout” (2021), “omen” (2023) und “crown” (2024).
Einflüsse, so Chris, verändern sich natürlich, man sammelt neue Eindrücke, nimmt sowohl bewusst als auch unbewusst etwas von seinen Lieblings-Künstler:innen mit. Man kann sich nie so ganz vor der Frage retten, ob man Musik für sich selbst oder doch irgendwo für andere macht, gibt Chris zu. Aber in den bald 10 Jahren, welche die Jungs schon miteinander musizieren, haben sie ihren Stil gut finden können. Ende September, beziehungsweise Anfang Oktober, können wir uns auf die neue Single “Damnation” freuen. Ende des Jahres soll es eine weitere EP geben.
Für Chris ist die Frage, ob sie sich noch wie “Newcomer” fühlen, kompliziert. Sie sind tendenziell noch jung für eine Band, aber sie bewerben sich in der Tat nicht mehr für Newcomer-Preise.
Chris lacht, besorgt darüber, ob es arrogant klingt, aber er hat sich einst versprochen, mit Mitte 30 nicht mehr einzig auf lokalen Bühnen zu spielen. Das habe auch etwas mit Wertschätzung für sich selbst zu tun, findet er. Die Jungs von IMPVLSE investieren von Anfang an stark in ihre Musik, immer mit der Frage: Was können wir erreichen, wenn wir alles reinstecken?
Schon für die erste EP 2019 investiert die Band in einen kostspieligen Mix von Andrew Wade (unter anderem A Day to Remember, Wage War, Ghost Inside), auch für ihr Musikvideo zu “Constellations” (2020) nehmen sie ordentlich Geld in die Hand, um den Dreh und die Postproduktion möglichst professionell umzusetzen.
Chris, der sich auch um die Finanzen der Band kümmert, gibt zu, dass es noch nicht reicht, um den Day Job aufzugeben. Das – mit Musik sein Leben zu finanzieren – ist nach wie vor der große Traum. Bis dieser wahr wird, investieren die Bandmitglieder Zeit, Mühe und Geld aus ihrem “Zivilistenleben” in das Projekt. Chris schickt zwinkernd auch Grüße gen Mama und Papa, die ausgeholfen haben, wenn es eng wurde.
Musik, so Chris, beinhaltet viel Arbeit, die wenig mit der Musik selbst zu tun hat. Jedes Bandmitglied hat sein Steckenpferd gefunden. Die Pandemie hat ihnen damals die Chance gegeben, in sich zu gehen und das Projekt zu professionalisieren. Heute gibt es weniger klassisches Jammen und mehr Deep Work. Man merkt im Gespräch, wie ernst die Band die Musik nimmt. Sie sind nach wie vor bei keinem Label, fuchsen sich selbst in die verschiedenen Aspekte des modernen Musiker:innen-Daseins rein. Auch das Thema Social Media treibt sie um, wobei Chris eher bei Spotify als bei Instagram obsessiv Statistiken beobachtet. Social Media ist ein Spiel, das man eben spielen muss, um dabei zu sein, so der Sänger, aber er versucht sich vor allem auf die Musik zu konzentrieren. So richtig Aufmerksamkeit, meint Chris, bekommen sie von den Festival-Playlists und Release-Radaren, die Spotify und Co. veröffentlichen. Deswegen konzentrieren sie sich darauf, alle zwei bis drei Monate eine Single zu veröffentlichen, um ihre Reichweite zu erweitern. Wenn dann doch 100 neue Follower:innen auf dem Instagram-Profil landen, weil sie die Band auf den Playlists entdeckt oder vielleicht sogar live gesehen haben – das ist schon ein gutes Gefühl.
Dieses besondere “We Made It”-Gefühl hat Chris noch nicht. Er witzelt, dass er zu viel Einblick in die Finanzen hat, um “We Made It” fühlen zu können. Aber er spürt Fortschritt, was vielleicht sogar noch wertvoller ist. Summer Breeze war Chris erstes Festival, wo er einst noch mit Muttizettel gezeltet hat. 2025 steht er selbst dort auf der Bühne.
Die Erfahrung bei Summer Breeze hat ihn auf jeden Fall geprägt. In der Regel tritt die Band vor 100 Zuschauer:innen auf, ab und an kommt dann ein Festival. Als sie es 2022 endlich zu Rock im Park schaffen, hatten sie gar keine Erwartungen, fühlten sich von den massiven Besucher:innen-Zahlen dann aber doch erschlagen.
Beim Summer Breeze waren sie schon etwas erfahrener, etwas aufgeklärter, wie es auf Festivals so ab geht. Bei solchen Veranstaltungen ist die Frage, wie viele Zuschauer:innen an der eigenen Bühne sein werden, immer spannend. Manche campen bekanntlich bei den Stages, um ihre spät-kommenden Lieblinge so nah wie möglich zu sehen. Oft gibt es auch enormen Durchlauf, während die Zuschauer:innen von Bühne zu Bühne hoppen, um die verschiedenen Acts mitzukriegen. Chris erzählt, dass es kurz vor ihrem Auftritt wie wild geregnet hat. Beim Umbau war der Zaun fast leer; das war schon nervenaufreibend für die Band. Sobald die Sonne sich wieder gezeigt hat, hat sich der Platz dann aber gefüllt und IMPVLSE konnte richtig loslegen.
In den letzten fünf Jahren ist die Band schon sehr weit gekommen. Chris möchte nicht im Gefühl dieses Triumphs verweilen, aber man spürt den wohlverdienten Stolz.
Wie die Zukunft aussieht, vermag Chris nicht vorauszusehen. Er sieht alles optimistisch, mit einer gesunden Prise Realismus. Der nächste Traum wäre, auch ohne Bandwettbewerb bei Rock im Park aufzutreten. Vielleicht die Hauptbühne bei Summer Breeze. Vielleicht Wacken. Allesamt bescheidene, realistische Träume, wenn man sich ihren Aufstieg in den letzten Jahren anschaut.
Ich stochere so lange, bis Chris lachend zugibt, dass er gerne als Support bei Architects dabei wäre (sollte das also ein Booker von Architects lesen, hört her, ich habe die perfekte Vorband für euch!). Doch mehr als alles andere hofft Chris, dass er in fünf Jahren noch genau so über alles denkt, und genau so leidenschaftlich an der Musik arbeitet, wie heute. Er ist stolz darauf, wie viele Türen sie durch harte Arbeit geöffnet haben, dass sie sich nie verstellt haben. Keiner der Bandmitglieder ist die klassische “Rampensau” – wenn auch man auf der Bühne versucht, richtig aus sich rauszugehen – und so machen die Jungs ihren Weg und bleiben sich dabei treu.
Das Ziel, so Chris, ist irgendwann nicht mehr jeden Tag ins Büro fahren zu müssen. Bis dahin wird geackert.

Nataly Sesic
Unter Freund:innen weiß man: Wenn du neue Musik auf die Ohren brauchst, fragst du Nataly. Als Maximalistin im wahrsten Sinne des Wortes liebt sie „too much“: sei es Pop der 2010er, Rock der 80er oder mysteriöse Subgenres irgendwo zwischen tumblr und Totalausfall; Nataly hat dazu eine Meinung - und sicher einige Fun Facts parat. Wenn sie nicht gerade auf einem Konzert ist, macht Nataly die Hallen ihrer Universität unsicher, schreibt oder liest Bücher oder hat selber die Gitarre in der Hand.